Ablage: VORV/INT/KULT/2025/04
AblB: Verfahren ohne Entscheidung
ElZGre: 17
Vermerk über das Nicht-Einlassen
HB-S
Man muss niemanden ausschließen, wenn man gelernt hat, ihn nicht einzulassen. In vielen Verfahren öffentlicher Beteiligung wird nicht aktiv abgewiesen, sondern passiv übersehen. Die Einladung bleibt vage, die Rückmeldung verzögert, die Reaktion unverbindlich. Wer sich einbringen will, wird nicht gestoppt – aber auch nicht empfangen. Es entsteht eine Form von Teilhabe, die ohne Zutritt auskommt: formell offen, praktisch folgenlos. Das Ergebnis ist eine stille Exklusion, die nicht auf Ablehnung beruht, sondern auf organisierter Gleichgültigkeit.
Im Frühjahr wurde ein Kreatives Kulturkollektiv gegründet. Vier Personen, ehrenamtlich organisiert, mit lokalem Bezug und dokumentierter Absicht, sich kulturpolitisch einzubringen. Die Gruppe suchte frühzeitig den Kontakt zur Stadtverwaltung. Es gab Mails, Rückfragen, zwei angekündigte Telefonate, von denen eines stattfand. Danach: Stille. Keine Rückmeldung auf Terminvorschläge, keine Einladung zu Gesprächen, keine schriftliche Absage.
Als das städtische Kulturprogramm für den Sommer veröffentlicht wurde, war das Kollektiv nicht vorgesehen. Die Gruppe wurde auch in keiner begleitenden Kommunikation genannt. Auf Umwegen gelang es einer Einzelperson in einen befreundeten Veranstaltungsbeitrag aufgenommen zu werden. Dort trat sie auf, ohne Ankündigung, ohne Würdigung, ohne Nennung des Namens oder des Kollektivs. Nach der Veranstaltung blieb der Kontakt einseitig. Seitens der Verwaltung erfolgte keine Bewertung, keine Gesprächsaufnahme, keine Reaktion.
Der Vorgang ist nicht außergewöhnlich. Er reiht sich ein in ein bekanntes Muster: Neue, strukturell nicht eingebundene Kulturinitiativen werden zunächst zur Kenntnis genommen, aber nicht systematisch einbezogen. Der Ausschluss erfolgt nicht durch Entscheidung, sondern durch ausbleibende Entscheidung. Es entsteht kein Akt, sondern ein Zustand. Wer nicht eingeladen wird, bleibt nicht draußen – er kommt einfach nicht vor.
Auffällig ist die Sorgfalt, mit der solche Nichtberücksichtigungen dokumentenfrei gehalten werden. Keine Absage, kein Hinweis auf mangelnde Anschlussfähigkeit, keine Benennung des Grundes. Damit bleibt die Verwaltung formal offen, aber praktisch unzuständig. Verantwortlichkeiten werden auf Träger, Formate oder Kooperationspartner ausgelagert. Sichtbarkeit wird nicht direkt verweigert – sie wird nicht hergestellt.
Die Verwaltung wahrt so den Anschein demokratischer Offenheit. Gleichzeitig schützt sie die informellen Strukturen, auf denen das Funktionieren des Programms beruht: bekannte Namen, bewährte Kreise, vertrauliche Kommunikation. Wer sich außerhalb dieser Bindungen bewegt, muss entweder bereits legitimiert sein – durch Preise, Trägerstruktur oder externe Sichtbarkeit – oder er bleibt ungenannt. Der Mechanismus ist nicht repressiv. Er ist resistent gegen Neues.
Für die Betroffenen ergibt sich ein Zustand struktureller Ungewissheit. Sie wurden nicht ausgeschlossen, aber auch nicht aufgenommen. Ihnen fehlt die Möglichkeit zur Klärung, weil es keine Stelle gibt, die zuständig wäre, das zu erklären. Die Unsichtbarkeit ist nicht begründet – sie ist einfach da.
Ein solcher Vorgang lässt sich nicht angreifen, weil er nie begonnen wurde. Er lässt sich auch nicht wiederholen, weil er keine Form hat. Das ist seine Wirkung.
Ich notiere dies ohne Emotionen als Teil einer sich stabilisierenden Verwaltungskultur, die mit formaler Offenheit operiert, aber faktisch nach internem Gleichgewicht strebt. Der Preis ist Beteiligung, die nicht zu Beteiligung führt.